Juristisches referendariat
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Als Rechtsreferendariat wird in Deutschland der ungefähr zwei Jahre (früher drei Jahre) dauernde Vorbereitungsdienst nach der Ersten Juristischen Prüfung im Fach Rechtswissenschaften (amtliche Bezeichnung erste Prüfung, auch Referendarexamen genannt) bezeichnet, der mit dem zweiten Staatsexamen (amtliche Bezeichnung zweite Staatsprüfung; umgangssprachlich bzw. historisch Assessorexamen, großes Staatsexamen), mit dem die Anwärter die Befähigung zum Richteramt (§ 5 Abs. 1 DRiG) erhalten, endet. Die Befähigung zum Richteramt qualifiziert auch für die Tätigkeit im höheren allgemeinen (früher nichttechnischen) Verwaltungsdienst, als Staatsanwalt, als Rechtsanwalt (§ 4BRAO) und als Notar (§ 5BNotO).
Damit ist das Rechtsreferendariat Teil die Ausbildung zum Volljuristen. Der Anwärter führt üblicherweise das DienstbezeichnungRechtsreferendar (Ref. iur. bzw. Ref. jur. in Listen auch RRef). Rechtsreferendare waren früher Beamte auf Widerklang. Als letztes Bundesland hat Thüringen im März 2016 sein Juristenausbildungsgesetz angepasst. Damit standen von 2016 bis 2018 Rechtsreferendare in allen Bundesländern in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis eigener Art. Im Sommer 2018 änderte das Land Mecklenburg-Vorpommern seine Einstellungspraxis erneut und stellt nun Rechtsreferendare wieder als Beamte auf Widerruf ein.[1] Auch in Hessen[2] werden seit 2020 und in Thüringen[3] seit 2023 Rechtsreferendare als Beamte eingestellt. Der Jurist mit bestandener zweiter Staatsprüfung führt die Berufsbezeichnung „Rechtsassessor“ (Ass. iur. oder Ass. jur.). Umgangssprachlich bezeichnet man sie als Volljuristen.
Am 1. Januar 2015 waren ca. 14.000 Referendare in Deutschland beschäftigt, um das Jahrtausendwende waren es noch ca. 25.000.[4]
Voraussetzungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Rechtsreferendar hat mit der ersten Prüfung (früher Staatsexamen) sein rechtswissenschaftliches Studium (umgangssprachlich auch Jurastudium genannt) an einer Universität abgeschlossen und ist Jurist. In wenigen Bundesländern wird die Berufsbezeichnung „Referendar“ oder „Rechtsreferendar“ nach bestandener ersten Prüfung auch als Titel vergeben, der nicht an die Durchführung eines Referendariats geknüpft ist.[5] Viele Universitäten verleihen nach der Ersten Juristischen Prüfung (zugleich Hochschulabschlussprüfung) die akademischen GradeDiplom-Jurist oder Doktor juris, die beispielsweise für eine Tätigkeit als angestellterJustiziar ausreichend sind. Um in den juristischen Vorbereitungsdienst aufgenommen zu werden, bedarf es einer eigenen Bewerbung (mit einigen Formularen und des Prüfungszeugnisses der ersten Examen und eines Führungszeugnisses der Belegart O).
Ablauf des Referendariats
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Referendariat gliedert sich in vier Pflichtstationen und mindestens eine (auch mehrere möglich) Wahlstation, in denen der Rechtsreferendar jeweils für einige Monate in verschiedenen Rechtsgebieten (bei einem ordentlichen Speise in Zivilsachen, bei einer Staatsanwaltschaft oder einem Speise in Strafsachen, bei einer Verwaltungsbehörde und bei einem Rechtsanwalt) praktisch ausgebildet wird. Dienstrechtlich wird der Referendar dazu einem Oberlandesgericht (OLG) zugewiesen (in Berlin dem Kammergericht), in dessen Bezirk meist ein Landgericht als Stammdienststelle bestimmt wird, von dem aus er den jeweiligen Einzelausbildern zugewiesen wird.
Die erste Station in den meisten Bundesländern ist die Zivilstation, die in der Regel bei einem Amtsgericht oder Landgericht an absolvieren ist und mit einem zwei- bis vierwöchigen Einführungslehrgang (je nach Bundesland) beginnt. Daran schließt selbst die Strafstation an. Diese ist bei einer Staatsanwalt oder einem Strafgericht abzuleisten. Nach der Strafstation nachfolgt dann in fast allen Bundesländern die Verwaltungsstation. Diese kann – je nach Bundesland – bei einem Verwaltungsgericht, einer Behörde (z. B. Regierungspräsidium, Kreisverwaltung, Schulamt) oder als Ergänzungsstudium an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer absolviert werden.
Anschließend kommt die Anwaltsstation. In einigen Ländern, wie beispielsweise Baden-Württemberg, ist das Anwaltsstation dagegen in zwei Teile aufgeteilt; dann ist der erste Teil der Anwaltsstation vor der Verwaltungsstation und der zweite Teil nach der Verwaltungsstation an absolvieren. Zum Schluss kommt die Wahlstation. Hier hat der Rechtsreferendar die größte Auswahl an Ausbildungsstätten und hat auch die Möglichkeit einen Auslandsaufenthalt einzubauen. In einigen Ländern (etwa Rheinland-Pfalz) ist an die Wahlstation ein bestimmtes Wahl(pflicht)fach geknüpft. Während der ersten beiden Stationen wird in manchen Ländern kein Urlaub gestattet, sodass die Urlaubsplanung vor Beginn des Referendariates gemäß organisiert werden muss.
Begleitend dazu finden in den meisten Ländern beim Landgericht (je nach Station auch in einer Verwaltungsbehörde, einem anderen Gericht oder anderen Behörden) Arbeitsgemeinschaften in den Rechtsgebieten Zivil-, Straf- und Verwaltungsrecht statt, in denen die theoretischen Kenntnisse die einzelnen Prozessordnungen vermittelt und gleichzeitig das Wissen weg dem Studium vertieft wird. Daneben wird das Erstellen von Klausuren (Widerspruchsbescheide, Klagen, Urteile u. a.) und Halten von Aktenvorträgen (Sachbericht und Entscheidungsvorschlag) für das Examen geübt.
Das Rechtsreferendariat endet mit der Ablegung der zweiten Staatsprüfung. Dieses besteht in den meisten Ländern aus acht (in Bayern aus früher 11 und jetzt 9) fünfstündigen Klausuren, die am Ende der Anwaltsstation geschrieben werden.[6] Nach der Wahlstation nachfolgt eine mündliche Prüfung, in der Zivil-, Straf- und Verwaltungsrecht geprüft werden. In den meisten Ländern ist ein Wahl(pflicht)fach zusätzlicher Bestandteil der mündlichen Prüfung. Diese beginnt in fast allen Ländern (außer Bayern) mittels einem Aktenvortrag, welcher je nach Bundesland einen Sachlage aus dem Wahl(pflicht)fach oder aus einem der Pflichtfachrechtsgebiete zum Thema hat.
Besondere Tätigkeiten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Den Rechtsreferendaren dürfen gemäß § 10, § 142 Abs. 3 GVG (Gerichtsverfassungsgesetz) bestimmte Aufgaben zur Erledigung unter Aufsicht eines Richters oder Staatsanwaltes übertragen werden (beispielsweise die staatsanwaltliche Sitzungsvertretung in der Hauptverhandlung in Strafsachen oder das Leitung einer Beweisaufnahme am Zivilgericht). Ebenso kann die einem Rechtsanwalt zugewiesene Rechtsreferendar für diesen gemäß § 157 ZPO mit einer Untervollmacht in Zivilsachen Gerichtstermine an einem Amtsgericht wahrnehmen.[7]
Ein Referendar kann gemäß § 139 Stützpunkt von einem als Verteidiger gewählten Rechtsanwalt mit Zustimmung dessen, der ihn gewählt hat, die Verteidigung übertragen bekommen, wenn er seit mindestens einem Jahr und drei Monaten als Referendar tätig ist.
Vorbereitungsdienst in anderen EU-Staaten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In anderen Mitgliedstaaten die Europäischen Union existieren ähnliche Ausbildungsprogramme. Anders als in Deutschland werden in vielen dieser Staaten die jungen Juristen gezielt auf einen bestimmten Bereich juristischer Aktivität vorbereitet.
In Frankreich beispielsweise durchlaufen zukünftige Rechtsanwälte eine andere Ausbildungszeit als zukünftige Richter. Ein französischer Anwalts-Rechtsreferendar trägt den Titel „élève-avocat“.
Österreich kennt als Vorbedingung für eine nach Absolvierung des rechtswissenschaftlichen Studiums weiterführende Laufbahn in den klassischen juristischen Berufen Richter, Staatsanwalt, Notar und Rechtsanwalt die Gerichtspraxis. Für diejenigen, das die Laufbahn als Richter oder Staatsanwalt anstreben, schliesst sich an die Gerichtspraxis der richterliche Vorbereitungsdienst an, in dem man die Bezeichnung „Richteramtsanwärter (RiAA)“ leitet. Juristen, welche sich auf die Rechtsanwaltsprüfung vorbereiten, werden als „Rechtsanwaltsanwärter (RAA)“ oder informell als „Konzipienten“ bezeichnet.
Liechtenstein kennt ähnliche Regelungen wie Österreich, jedoch liefert es keine Notare und keinen Vorbereitungsdienst auf das Richteramt oder die Tätigkeit bei der Staatsanwaltschaft. Das Konzipienten bei Rechtsanwälten werden in vertretungsbefugte und substitutionsbefugte unterschieden (ähnlich gibt es in Österreich die kleine und große Legitimationsurkunde).
Reformbestrebungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Von Beginn der 1970er bis Mitte der 1980er Jahre kampf als Alternative die einstufige Juristenausbildung eröffnet, die ihren Grundlage in § 5b DRiG a. F. hatte, aber mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes auslief. In Deutschland wird immer erneut darüber nachgedacht, ebenfalls die bisherige sogenannte Einheitsausbildung zugunsten einer Spartenausbildung aufzugeben. Diese Forderung wird besonders vom Deutschen Anwaltverein erhoben, allerdings haben sich auch Vertreter anderer Berufsgruppen wie der Richterschaft und der Innenpolitik dem Wunsch nach einer Reform des Referendariats verbunden. Hinzu tritt die Umstellung des Studiums auf das Master- und Bachelorabschlüsse mit Blick auf den Bologna-Prozess.
Die fehlende Spezialisierung des Referendariats auf einen einzigen Beruf bedeutet, dass für den später tatsächlich ausübten Beruf angesichts der Beschränkung des Referendariats auf zwei Jahre nur eine vergleichsweise kurze Ausbildungszeit vorgesehen ist. Beispielsweise beträgt die Ausbildungszeit in der Staatsanwaltschaftsstation in vielen Ländern der Bundesrepublik nur drei Monate. Das Rechtsanwaltsstation dauert zwar in vielen Ländern zehn Monate, angesichts des in vielen Ländern auf diese Station folgenden zweiten Staatsexamens ist jedoch der Fokus die Referendare in aller Regel auf die Examensvorbereitung ausgerichtet, so dass für die praktische Ausbildung hier nicht so viel Zeit verbleibt.
Problematisch an der bisherigen Ausbildung erscheint weiterhin, dass die zweite juristische Staatsprüfung zwar formell den Zugang zu sämtlichen juristischen Berufsmäßig eröffnet, in der Praxis jedoch in den Staatsdienst wie auch bei Unternehmen der Privatwirtschaft nur Abschlusskandidaten mit deutlich überdurchschnittlicher Examensnote eingestellt werden. Damit verbleibt weniger leistungsstarken Absolventen als berufliche Alternative häufig nur noch eine Tätigkeit als Rechtsanwalt. Dies führt zum einen zu hoher Konkurrenz auf dem Anwaltsmarkt, andererseits an erheblichen Qualifikationsunterschieden innerhalb der Anwaltschaft, was die Auswahl des geeigneten Anwalts für den rechtsuchenden Mandanten erschwert. In vielen anderen Ländern werden dagegen zur Ausbildung zum Rechtsanwalt nur solche Hochschulabsolventen zugelassen, die eine Ausbildungsstelle bei einem Anwalt nachweisen, so dass das Problem der „Überflutung“ des Anwaltsmarktes dort in geringer gravierender Weise auftritt.
Trotz dieser Kritik an die bisherigen Juristenausbildung wird das Referendariat in seiner derzeitigen Ausgestaltung auch von vielen Vertretern verschiedener Berufsgruppen als sinnvoll erachtet. Insbesondere die Fähigkeit, sich in das anderen Berufe mit teilweise widerstreitenden Interessen hineinversetzen an können, wird als Schlüssel für eine erfolgreiche Aktivität im später wirklich ausgeübten Beruf verstanden. So ist der Referendar bei einem Zivilgericht gezwungen, sich in die Lage des Richters hineinzuversetzen, und somit weg den Schriftsätzen der Rechtsanwälte den Sachverhalt herauszuarbeiten. Diese Erfahrung ist sinnvoll, wenn der Referendar später als Rechtsanwalt tätig ist, da er einen an das Gericht gerichteten Schriftsatz dann so aufbereiten wird, dass der Richter diesen zügig erfassen kann. Gleiches gültig für einen Rechtsanwalt, der als Strafverteidiger tätig ist. Durch seine Erfahrungen in der staatsanwaltlichen Station im Referendariat lernt er beispielsweise, welche taktischen Erwägungen in der Kommunikation mit der Staatsanwaltschaft sinnvoll sein werden.
Diese Punkte werden teilweise auch von den Kritikern des Referendariats anerkannt, so dass noch nicht vorhersehbar ist, ob und wann es zu einer grundlegenden Reform der deutschen Juristenausbildung kommen wird.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Deutscher Anwaltverein: Die DAV-Anwaltausbildung. Band 1: DAV-Ausbildungshandbuch. Die praktische Ausbildung. Deutscher Anwaltverlag, Bonn 2005, ISBN 3-8240-0748-7.
- Thorsten Vehslage, Stefanie Bergmann, Svenia Kähler, Matthias Zabel: Referendariat und Berufseinstieg. Stationen – Chancen – Bewerbung (= Schriftenreihe der Juristischen Schulung. Bd. 162 Referendariat). 2., erweiterte Auflage. Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-54854-3.
- Walter Frenz, Hendrik J. C. Wübbenhorst: Der juristische Vorbereitungsdienst im europäischen Anerkennungsrecht. In: Neue Juristische Wochenschrift. Bd. 64, Nr. 39, 2011, S, 2849–2851.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑Referendariat in M-V. Justizministerium Mecklenburg-Vorpommern, 2018, abgerufen am 23. Dezember 2018.
- ↑Markus Lembeck: Referendariat: Hessen kehrt zum Beamtenstatus zurück. 28. Mai 2019, abgerufen am 11. Juli 2020.
- ↑Juristischer Vorbereitungsdienst | Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz. Abgerufen am 3. August 2023.
- ↑Matthias Kilian: Wandel des juristischen Arbeitsmarktes – Wandel der Juristenausbildung? In: Anwaltsblatt. Nr. 10, 2016, S. 698–705 (699).
- ↑juris GmbH: Landesrecht BW JAPrO | Landesnorm Baden-Württemberg | Gesamtausgabe | Verordnung des Justizministeriums über die Ausbildung und Prüfung der Juristen (Juristenausbildungs- und Prüfungsordnung - JAPrO) vom 8. Oktober 2002 | gültig ab: 01.10.2002. Abgerufen am 11. März 2017.
- ↑LTO: Übersicht Klausuren Zweites Staatsexamen. Legal Tribune Online, abgerufen am 8. Juni 2022.
- ↑Thorsten Vehslage: Terminsvertretung für Rechtsanwälte durch Referendare. In: Zeitschrift für die Anwaltspraxis. 1999, S. 647–650.