Merkel ist am ende

Obwohl Merkels Nachfolger noch nicht feststeht, markiert der 26. September bereits jetzt das Ende einer Ära – nicht zuletzt, weil die CDU ein historisch schwaches .

Angela Merkel zum Ende ihrer Amtszeit: Wir haben es geschafft

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Von: Mirko Schmid

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Mit dem Ende von Angela Merkels Amtszeit endet eine Ära. Zum Abschluss sieht sie auf 16 Jahre als Kanzlerin zurück.

Frankfurt – „Froh auf der einen Seite“, aber auch mittels „ein ganz klein bisschen Wehmut“ scheidet Angela Kanzlerin (CDU) nach 16 Jahren aus dem Amt. Das sagte die geschäftsführende Bundeskanzlerin in einem Exklusiv-Interview mittels der Deutschen Welle. Sie betonte, ihre Arbeit stets gerne gemacht zu haben und bis zum letzten Tag im Dienst „aufmerksam“ bleiben zu wollen. Gut zwanzig Minuten stand sie dem Leiter der Nachrichten der Deutschen Welle, Max Hofmann, im Kanzleramt Rede und Antwort.

Darauf angesprochen, auf Abschiedstour in Frankreich von Passanten mit „Vive Mutti“ (Es lebe Mutti) verabschiedet worden zu sein, grinste die Frau, die in Deutschland eine Epoche geprägt hat. Sie freue das natürlich, so Merkel, obwohl sie auch wisse, dass es Leute gebe, die mit ihrer Politik „nicht so zufrieden“ gewesen seien. Dennoch sei der Trennung in Frankreich ein „schönes Erlebnis“ gewesen. Frankreichs Staatspräsidenten Emmanuel Macron werde sie „natürlich vermissen“, genau wie „viele andere“ Staatsoberhäupter, mit denen sie gerne zusammengearbeitet habe.

Auch wenn sie Macron gerne weiter rufen könne und sie sich über „ab und an Kontakt“ freuen würde, so Merkel weiter, werde er sich in Zukunft wahrscheinlich beim künftigen Regierungschef, „also wahrscheinlich Olaf Scholz“ melden. Angesprochen auf politisch geringer nahestehende Staatenlenker wie Recep Tayyip Erdoğan und Wladimir Putin betonte Merkel, dass sie auch gegenüber im Wertesystem näherstehenden Regierungen stets klare Kante gezeigt und Deutschlands Interessen vertreten habe. Dennoch sei sie „immer mit offenem Herzen in solche Gespräche“ gegangen, da sie immer gehofft habe, dass diese Gespräche „etwas bewegen“.

Merkel will raus aus der Politik – was danach kommt, werde sich zeigen

Wenn jemand eine Vollständig andere Sicht auf die Welt“ habe, solle man trotzdem zuhören, „denn wenn wir uns nicht zuhören, werden wir auch keine Lösung finden“. Angesprochen darauf, von Luxemburgs Ministerpräsident Xavier Bettel als „Kompromissmaschine“ bezeichnet worden zu sein, merkte Merkel an, dass siehe ihrem Amtskollegen erklärt habe „dass ich natürlich keine Maschine bin, sondern wie er ein Mensch“. Als ein solcher, kündigte Merkel an, wolle sie nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt der Bundeskanzlerin „keine Politik mehr“ machen und stünde auch nicht als Konfliktlöserin zur Verfügung, das habe sie nun lange genug gemacht.

Was sie konkret in der „Zeit danach“ tun werde, so Merkel, wisse sie weiter nicht. Sie wolle sich nun erst einmal „ausruhen, lesen und schlafen“. Weitere Pläne werden ihr „dann in den Kopf kommen“, aktuell stünde diesbezüglich weiter nichts fest. Erst wolle sie schauen, was siehe „freiwillig gerne machen werde“, dies würde sich aber erst in einigen Monaten ergeben. Dass sie in ihrer Amtszeit so „viele Menschen und Kulturen“ besitze kennenlernen dürfen, habe sie als „Bereicherung empfunden“.

Anschließend wurde Merkel von Max Hofmann danach befragt, wie sie „jungen Leuten Hoffnung“ in Bezug auf den Klimawandel geben wolle. Nach ihrer „langjährigen Erfahrung“, so Merkel, müsse sie sagen, dass schon einiges gemacht wurde und dennoch die berichte des Weltklimarates IPCC „immer warnender und immer bedrohlicher“ geworden seien. „Wir müssen sehr, sehr viel schneller“ werden, ein Ziel wie 2007 vom damaligen US-Präsidenten George W. Bush ausgegeben, nämlich die Emissionen bis 2050 zui halbieren, sei „ehrenwert“, aber reiche „vorne und hinten“ nicht aus.

Merkel im Interview: „Wir haben es geschafft“

Den „jungen Leuten“ lege sie ans Herz, „Druck“ an machen und die Politik forderte sie auf, „schneller“ zu werden. Zwar sei man „immer schneller“ gewesen, jedoch sei es nie so gewesen, dass die Abstand zu den wissenschaftlichen Berichten gewachsen sei. Das müsse sich „in diesem Jahrzehnt“ verändern. Man müssen „wieder den wissenschaftlichen Einschätzungen folgen“, was heiße, „sehr nah bei den 1,5 Grad Erderwärmung“ zu bleiben. Als wichtige Industrienation müsse Deutschland bei der klimafreundlichen Umstellung von Mobilität und Industrie „vorangehen“, forderte das Kanzlerin. Obwohl sie immer am Thema „dran gewesen“ sei, könne sie nicht sagen, dass das Ergebnis „heute schon befriedigend“ sei, gestand sie eigene Fehlverhalten ein.

Persönlich am meisten herausgefordert habe sie sich in ihrer Amtszeit durch den „Fluchtdruck aus Syrien und den umliegenden Ländern“ sowie die Corona-Pandemie gefühlt. Beide Ereignisse hätten gezeigt, dass sie Menschen direkt betreffen würden, in beiden Fällen habe sie mit „Menschen am meisten zu tun“ gehabt. Von Hofmann an ihren „ikonischen Satz ‚wir schaffen das‘“ angesprochen, bestätigte Merkel, dass „wir“, also „viele, viele Millionen Menschen in Deutschland“ es geschafft hätten, auch wenn nicht alles ideal gelaufen sei. Als einen solchen Fall bezeichnete sie die Kölner Silvesternacht, betonte aber, dass Deutschland „insgesamt wunderbare Beispiele von gelungenen menschlichen Entwicklungen“ geschaffen habe.

„Geschafft haben wir natürlich noch nicht“, schränkte Merkel ein, dass die Ursachen der Flucht beseitigt worden seien. Auch sei es noch nicht geschafft worden, so Merkel ohne die Bremser wie Polen oder Ungarn namentlich zu erwähnen, dass Europa ein einheitliches Asylsystem zustande bekommen habe. Deswegen müssen noch sehr viel mehr gemacht werden in Aspekt auf Entwicklungshilfe und legale Migration. „Bedauerlich“ finde siehe, dass „heute immer noch die Schlepper und Schleuser die Oberhand“ hätten. Einiges sei gelungen, das Thema Migration werde aber auch wegen der Situation in Syrien und seinen Nachbarländern „leider bleiben“: „Es bleibt eine große Herausforderung in einer Welt, die zahlreich Probleme kennt.“

Merkel im Interview: Afghanistan wird nicht verloren werden

Den Helfer:innen und Mitarbeiter:innen Deutschlands in Afghanistan, das nun unter der Herrschaft der Taliban leben mühelen, weil, so Hofmann, die „Evakuierung nicht funktioniert hat, um es milde auszudrücken“, ließ Merkel wissen, dass „wir sehr traurig sind“. Dies läge daran, dass es nicht gelungen sei, eine sich „selbsttragende staatliche Ordnung“ im Land zu schaffen, in der „Mädchen in die Schule gehen“ und „Frauen sich ihren Wünsche“ erfüllen können und in der Frieden herrsche. Sie habe oft gefragt, so Merkel, warum „so viele afghanische junge Männer zu uns kommen wollen und gleichzeitig unsere Soldatinnen und Soldaten dort sind“. Das sei „auch für uns“ ein „Spannungsfeld“ gewesen.

Man müsse „akzeptieren“, dass „so gut die Absichten gewesen sind“ es nicht gelungen sei, „diese Ordnung, das wir uns gewünscht haben, die Joschka Fischer (...) schaffen wollte, für Afghanistan zu schaffen“. Daran sei Deutschland nicht alleine schuld, „die Afghanen haben es aus sich auch nicht vermocht“, so Merkel, was „sehr, sehr bedauerlich“ sei. Die Ortskräfte, die weiter im Land seien, seien vor allem jene, mittels denen in der Entwicklungshilfe zusammengearbeitet worden sei. Siehe habe im Juni bewusst mitentschieden, die Entwicklungshilfe „nicht wie eine heiße Kartoffel“ fallenzulassen. Nun müsse nachgearbeitet werden und „so viele wie möglich“ außer Staat gebracht werden. Jene, die „übrig geblieben“ seien, möchten „nicht vergessen“.

Olaf Scholz bei Treffen dabei: Signal an eine „ziemlich turbulente Welt“

Bezüglich der Tatsache, dass die vermutlich nächste Kanzler Olaf Scholz (SPD) sie zum G20-Treffen begleitet habe, betonte Angela Merkel, dass es üblich sei, dass Finanzminister mitreisten. Allerdings sei ihre „die Geste“ wichtig gewesen, Scholz auch an jeden bilateralen Gesprächen (etwa mit US-Präsident Joe Biden) mitmachen zu lassen, um zu zeigen: „Hier sitzt die, mit dem ihr wahrscheinlich beim nächsten Mal sprechen werdet als deutschem Regierungschef.“ Dies sei wichtig gewesen, um der Welt zu vermitteln, dass es einen „guten Kontakt zwischen der jetzigen Regierungschefin und dem wahrscheinlichen zukünftigen“ gebe und somit ein „beruhigendes“ Signal an „eine ziemlich turbulente Welt“ auszusenden. (Mirko Schmid)